<--

Musik zum Leben


Also, ich heiße Jürgen Michaelis, wohne in Meinerzhagen, das liegt im Märkischen Kreis von Nordrhein Westfalen. Zur Orientierung: Meinerzhagen befindet sich ungefähr zwischen Dortmund und Siegen mit direktem Anschluß der Autobahn A 45.

Als ein Sternzeichengeborener Stier (26. April) und mit einem Jahrgang von 1967 erblickte ich die Welt in einem Krankenhaus von Lüdenscheid. Über meine ungerechte Jugend- und Lebenszeit möchte ich an dieser Stelle nicht ausführlich werden, weil ich seit dem Tod meines Vaters im Jahre 1999 ein neues und besseres Leben führen möchte. Aber ich möchte auch den vielen Menschen im Leben danken, die an mich geglaubt haben. Zu mir selber kann ich nur sagen, dass ich sehr sensibel, gefühlsbetont bin und immer ein offenes Ohr für andere habe. Das schätzen viele Menschen, die mich kennenlernen.

Um die nötigen Energien über diese schlechten Zeiten wiederzubekommen, half mir die Musik. Ich selber höre sehr viel Musik und so sehen auch zum Leidwesen meine voll gefüllten Regale mit Tonträgern aus. (Ein Anbau ist geplant *grins*). Aber auch die früher gesendeten (guten) Musiksendungen im Fernsehen, wie „Disco“ oder die „ZDF-Hitparade“ habe ich gern gesehen. Doch eine TV-Sendung war mein persönliches Lieblingsprogramm. ,,Formel Eins“, die ARD-Hitparade. Ich fand nicht nur die vier Moderatoren (Peter Illmann, Ingolf Lück, Stephanie Tücking und Kai Böcking) toll, sondern auch das Maskottchen der Sendung, der witzige Comic-Hund: ,,Teasy“. Ich gebe zu, am Tage der Verbannung vom Bildschirm dieser Sendung und der ZDF-Hitparade sind mir schon einige Tränen gelaufen. Aber eines bleibt immer erhalten: ,,Die Musik zum Leben“.

Liebe /CSD/Stephan Runge:

Nun, ich habe auch hier keine Scheu, Euch zu sagen, dass ich auf männliche Leidenschaften stehe, zu deutsch: schwul bin. Früher habe ich für mich selber nie ein Problem gehabt, mehr genüsslich die Jungs insgeheim ins Visier zu nehmen. Aber es blieb in dieser Zeit eine gewisse Angst, doch entdeckt zu werden. Erst seit 1998 begann ich richtig schwul zu leben, wobei ich in demselben Jahr auch am 3. Juli zum ersten Mal meinen jetzigen Freund kennengelernt habe.

Ein Jahr verging und ich besuchte zum ersten Mal (mit etwas Mut!) und ,,leider erst mit 30 Jahren“ das CSD - Straßenfest 1999 in Köln, wobei ich so nebenbei auch den Ganymed in der Kettengasse mit einbezog. Es war schon e in gutes Gefühl, unter Seinesgleichen zu sein. Halt wie in einer großen Familie. Eine tolle Erfahrung für mich, ich fühlte mich freier.

Tja und dort hörte ich das Lied: „Arsch der Welt“, aber ich kannte bis dato noch nicht den Sänger. Als mir dann Stephan Runge als einer der beiden Sänger genannt wurde, da wusste ich, diesen Song muss ich haben. Nach langem Suchen entdeckte ich diese im Ganymed–Laden mit der Regenbogenfahne als Cover drauf und sogar die „Ohne Kondome“ - CD. Mit einem Dutzend Infomaterial, einer originalen Regenbogenfahne und einer Menge von CD’s ging es wieder vollbepackt nach Hause. Aber immer mit dem Gedanken, dass ich wieder nach Köln zum CSD-Straßenfest kommen werde. Dies habe ich bis heute eingehalten.

Von Jahr zu Jahr wurde mein Selbstbewusstsein stärker und seit mein Vater im Jahre 1999 verstarb, lebe ich dies auch offen. Immer mit dem Song: „Arsch der Welt“ im Ohr. Tja, und dieses Jahr habe ich eine wahre CSD – Kurztour veranstaltet. Nachdem ich mit Köln begonnen hatte, ging es einen Monat später nach Siegen. Ich wollte Stephan Runge mal persönlich sehen, denn sein Song: „DU“ gefiel mir sehr. Also erfuhr ich via Internetseite: ,,Straßenfest 2001 in Siegen“, dass Stephan so gegen 17 Uhr auf der Bühne sein wird. Nun wurde dieser Samstag mit einer weiteren Premiere gekrönt, dass ich höchstpersönlich mit meinem Freund zusammen dorthin zum ersten Mal gefahren bin.

Bei strahlendem Sonnenschein und vielen Menschen aus nah und fern begann die Veranstaltung. So kurz vor 17 Uhr versuchte ich erfolgreich durch die Menschenmenge nach vorne zur Bühne zu drängeln. Ich wollte mit Genuss Stephan Runge’s Lieder mitbekommen.

Als er dann angekündigt wurde, sah ich einen sehr netten und schnukkeligen Mann auf die Bühne gehen. Der sah sogar noch besser aus, wie auf dem Cover der CD: „Du“. Seine Songs habe ich mitgesungen. Ganz spontan winkte ich mit einer Regenbogenfarbe, weil ich kein Feuerzeug zu dem Titel „Zum Glück“ besaß. In meinen Augen hatte ich Tränen, denn es ist ein Lied, was ich auch persönlich erlebt habe. Doch als der Song: „Arsch der Welt“ erklang, da gab es auch kein Halten mehr und sang laut tanzend mit. Während seines Auftrittes habe ich für mich und auch für meinen Freund verschiedene CD’s von Stephan Runge gekauft. Nach seinem Auftritt hatte ich das Glück persönlich mit ihm ein paar Worte zu wechseln. Mit einem Autogramm in der Hand beendete ich den Besuch des CSD Straßenfestes in Siegen.

Doch dies war nicht das letzte Treffen mit ihm. Auf meiner CSD-Tour in Iserlohn grüßte er mich schon in der Menge der Leute, die das erste Straßenfest besuchten. Trotz schlechtem Wetter trat er dann am Abend vor den wartenden Menschen auf. Ja, ich denke, dass mein schwules Leben sich hier in einer Art Bestätigung und letztem Befreiungsschlag für mich sehr gestärkt hat.

Auch hier hat mich das Lied ,,Zum Glück“ wieder zu Tränen gerührt. Warum und weshalb, das kann ich nur vermuten. Ich bin frei und kann leben, mit dem vielen Glück in meinem Leben. Auch hier erlebte ich eine ganz besondere Überraschung am Ende der Veranstaltung, als mich Kerstin und Stephan noch zu einem Essen einluden. Und so bin ich aus voller Überzeugung an diesem Abend in den Fanclub eingetreten, wo ich mich sehr glücklich schätze, am Erfolg von Stephan’s Liedern ein wenig mit beizutragen.

Danke Kerstin, und einen besonderen Dank an Stephan, der vielleicht unbewusst meinem Leben eine offene Art gegeben hat. Ohne Angst und ohne Bestrafung.

Ich wünsche Euch allen alles Gute und Liebe

Jürgen

(Fanclubmagazin 3/2001)